Das Leben – ist ein Fluss
Schäumen, springen, fließen, stehen, übersprudeln, träge dahinfließen, spiegeln, glitzern, tragen, runterziehen, sprudeln, versickern, treiben, aufwühlen, unterspülen, wegspülen, reinigen, fluten, mäandern, wild, sanft, breit ….
Gepresst durch den Geburtskanal kommt sie auf die Welt. Eine Quelle, noch klein, zaghaft und verletzlich.
Das Wasser ist trübe, keine Sicht mehr, kein Grund. Der Fluss verschlammt. Fische bekommen keinen Sauerstoff, treiben manchmal an die Oberfläche und schnappen hilflos nach Luft.
Für sie, so tief sie auch gräbt, so sehr sie am Grund fischt und stochert, sie hat kaum Erinnerungen an ihre Kindheit. Und wenn, dann ist es meist schwer, dunkel und traurig. Es fehlt die Leichtigkeit, das Helle und Sprudelnde, das was viele andere erzählen, wenn sie von ihren Kindertagen berichten.
Sie hat Angst aufzufallen, etwas zu sagen, muss sich mühsam ihren Platz erkämpfen. Aber, stille Wasser sind tief.
Irgendwann wird es besser. Der Fluss weitet sich. Das Wasser beginnt zu fließen. Viele Pflanzen und viel Schlick sind noch im Wasser. Sie strampelt, schwimmt sich mühsam frei.
Felsen sind im Wasser. Sie schlägt dagegen, prallt zurück, wird herumgewirbelt. Es geht drunter und drüber. Sturzbach, Wildwasser, orientierungslos.
Aber es gibt auch ruhige Phasen. Becken in denen sich das Wasser beruhigt. Die Sonne dringt unter die Oberfläche, der Grund ist zu sehen. Muscheln glitzern, kleine Fische schwimmen hin und her. Das Wasser fühlt sich seidig und warm an auf der Haut.
Und dann wieder, ein Felsen, eine Herausforderung. Etwas das einfach so passiert im Leben. Ein Sturz abwärts, mal sanft und wellig, mal wild und tief. Vielleicht auch mal ein Höhenflug.
Tränen fließen. Schlick wird aufgewirbelt. Altes, was immer da ist, wird wieder nach oben gespült. Strudel drohen sie nach unten zu ziehen. Aber sie vertraut dem Wasser immer mehr. Es trägt sie, umspielt sie. Sie kann schwimmen und manchmal berühren ihre Füße den Grund. Wasserpflanzen umschmeicheln sie. Sie symbolisieren das, was sie gelernt hat. Das was nur ihr gehört und was sie mitbringt in dieses Leben. Sie kann damit spielen.
Immer besser lernt sie die Welle zu surfen. Sie kann entscheiden wo es lang geht, kann sich den Windungen und Strömungen hingeben. Sie lernt Hindernisse zu umschiffen, zu überspringen, zu durchtauchen. Wildes Wasser wirft sie nicht mehr so schnell vom Brett. Und wenn, sie kann wieder aufsteigen.
Manchmal breitet sie die Arme aus, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Es macht Spaß! Erfüllt sie! Sie lebt!
Wenn sie die Wahl hat wählt sie nicht den Kanal sondern den Gebirgsbach. Immer wieder, mit allen Konsequenzen. Sich dem Fluss hingeben, mitfließen, weiterfließen. Dass ist das Ziel und auch der Sinn. Was hinter der nächsten Kurve ist, sie weiß es nicht.
Zum Meer ist es nicht mehr weit.
Sie ist ein Fisch.
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